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Rauchentwöhnung mit Hypnose

PD Dr. med. Michael Teut

Rauchfrei mit hypnotischer Trance (Quelle: Adobe Stock)

Seit Jahrzehnten wird die Hypnose zur Rauchentwöhnung eingesetzt. Dabei ist das Ziel, in hypnotischer Trance Motivation, Veränderungsprozesse und neue Verhaltensmuster zu trainieren und zu verankern und so das Rauchen hinter sich zu lassen.

Unter hypnotischer Trance wird heute in der Psychotherapie ein Zustand der fokussierten Aufmerksamkeit bei körperlicher Entspannung verstanden, indem eine alternative psychische Wirklichkeit sehr realistisch erprobt und erlebt werden kann. Kundig durchgeführt, ermöglicht die medizinische Hypnose über innere Vorstellungen und Imaginationen eindrucksvoll Veränderungsprozesse zu entwickeln, erfahren und umzusetzen. Dazu ist eine vertrauensvolle therapeutische Beziehung zu einem gut ausgebildeten psychologischen oder ärztlichen Hypnotherapeuten wichtig, der die Therapie anleitet und den Patienten begleitet (Rapport).

In der Rauchentwöhnung wird Hypnose in unterschiedlichen Formen schon sehr lange begleitend angewendet. Sie bietet sich – neben oder begleitend zu einer verhaltenstherapeutischen und medikamentösen Therapie – ideal an, wenn ihre Stärken ausgespielt werden können. Besonders wichtig sind hierbei Motivationsaufbau, das Entwickeln und Einüben von neuen Verhaltensmustern und die Einübung von Impuls-Kontroll-Strategien.

So lässt sich zum Beispiel die Motivation durch eine Trance-Reise in die Zukunft stärken, wo der Patient in Trancewirklichkeit erleben kann, was sich verbessert haben wird, wenn er stabil Nichtraucher geworden ist. Hier wird auch unbewusstes Wissen als Ressource zugänglich gemacht.

Neue Verhaltensmuster können, ähnlich wie beim hypnotherapeutischen Mentaltraining im Sport, in Trance entwickelt und eingeübt werden. Wichtig dabei ist es, die (kurzfristigen) Vorteile des Rauchens, wie z.B. Aufmerksamkeitssteigerung, innere Ruhe, oder auch einfach Beschäftigung oder Geselligkeit, durch neue Verhaltensmuster zu ersetzen. Diese können dann in der Hypnose eingeübt und im Unbewussten verankert werden.

Impulskontrolle: Ganz wichtiger Bestandteil der Rauchentwöhnung mit Hypnose ist auch das Einüben von Strategien, wie mit dem Impuls „nur eine Zigarette“ umzugehen ist. Dieser Impuls ist der häufigste Grund für einen „Rückfall“.

Apropos Rückfall: Aus jedem „Rückfall“ kann ein Zukunftsimpuls gezogen werden, weil er zeigt, wo Verbesserungsmöglichkeiten sind. In der Hypnose sind besonders die Rückfälle interessante Startpunkte, um die Rolle des Rauchens/Nikotins als dysfunktionaler Coping-Strategie zu verstehen und bessere Verhaltensmuster einzutrainieren.

In der Praxis existieren verschiedene hypnotherapeutische Strategien zur Rauchentwöhnung. Viele Kollegen bieten ein mehrwöchiges Programm an. Ich persönlich habe sehr gute Erfahrungen mit einer 2-3 stündigen hypnotherapeutischen Kurzzeittherapie gemacht, in der intensiv in Trance gearbeitet wird. Manchmal ist es aber auch besser, über mehrere Stunden zu arbeiten, insbesondere wenn die Motivation noch gefördert werden muss oder eine sehr starke Abhängigkeit vorliegt.

Eine Cochrane Analyse von 2019 zeigte, dass Hypnose in Ergänzung zu anderen Entwöhnungs-Verfahren die Erfolgswahrscheinlichkeit verdoppelt, allerdings zeigten die eingeschlossenen Studien auch deutliche Verzerrungsrisiken (Bias), die aus methodischen Gründen eine abschließende Bewertung derzeit nicht erlauben (RR 2.10, 95% CI 1.31 to 3.35; I² = 62%; 224 Teilnehmer, Barnes et al. 2019)

Nicht geeignet ist die Hypnose bei Menschen, die an einer Psychose leiden.

Bei Menschen, die mehr als 10 Zigaretten am Tag rauchen, ist auch häufig eine begleitende pharmakologische Therapie (z.B. Nikotinersatz) oder Akupunktur sinnvoll.

Referenzen:

  • Teut M: Rauchfrei in 3 Stunden. Suggestionen 2022: 11-12
  • Barnes J, McRobbie H, Dong CY, Walker N, Hartmann-Boyce J. Hypnotherapy for smoking cessation. Cochrane Database Syst Rev. 2019 Jun 14;6(6):CD001008. doi: 10.1002/14651858.CD001008.pub3. PMID: 31198991; PMCID: PMC6568235. Link: Hypnotherapy for smoking cessation – PubMed (nih.gov)

2. Summerschool Medizinische Hypnose an der Charité

Die 2. Summerschool Medizinische Hypnose der Deutschen Gesellschaft für Hypnose gemeinsam mit dem Institut für Sozialmedizin der  Charité in Berlin war erneut ein großer Erfolg!  P1050370Der Kurs vertiefte die Kenntnisse von 32 Studenten der Human- und Zahnmedizin sowie der Psychologie, die bereits letztes Jahr mit dabei waren.
Bei Temperaturen über 35° gaben Referenten und Teilnehmer am 04. und 05.07.2015 ihr Bestes: Die Teilnehmer lernten mehr zur Hypnotherapie in der Immunologie (Harald Krutiak), bei Ängsten, psychosomatischen Störungen und Psycho-Trauma (Karl-Josef Sittig), bei Schmerzen (Michael Teut) und zur Selbsthypnose (Werner Eberwein).