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Achtsames Gehen hilft gegen Stress

Michael Teut

In einer aktuellen randomisierten kontrollierten Studie mit 74 Teilnehmern konnte unsere Arbeitsgruppe an der Charité belegen, dass 2 x wöchentlich durchgeführtes achtsames Gehen über insgesamt 4 Wochen gegenüber keiner Teilnahme an einem Programm (Wartliste) zu einer deutlichen Reduktion von Stressbelastungen und zu einer Zunahme an Lebensqualität führt. In unserer Studie waren auch nach 12 Wochen noch deutliche Effekte nachweisbar.

Eingeschlossen wurden nur Menschen, die an einer starken Stressbelastung litten. Das einstündige Gruppentraining bestand aus  40 Minuten Walking, 10 Minuten achtsamen Gehens (insbesondere das Beobachten von Empfindungen beim Gehen und Atembeobachtung) und einer kurzen Feedbackrunde.

Innerhalb einer Walking-Gruppe lässt sich das Programm kostengünstig und einfach umsetzen (ca. 80 Euro für insgesamt 8 Termine je Teilnehmer). Gerade für Unternehmen und Betriebe wäre achtsames Gehen eine einfache und gut geeignete Methode, Fitness zu fördern und Stress entgegen zu wirken.

Die Original-Studie ist hier einsehbar (Open Access).

Schröpfen bei Kniegelenksarthrose

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Michael Teut

Das Schröpfen ist eine der ältesten bekannten Therapien und wird schon in den Schriften der Antike geschildert. Dabei wird unter einem Schröpfgefäß thermisch (durch Abkühlen erhitzter Luft) oder mechanisch (Pumpvorrichtung) ein Vakuum über der Haut erzeugt, auf der das Schröpfgefäß aufgesetzt wird, dadurch wird in der entsprechenden Haut Blut gestaut, es kommt zu einer kurzfristigen Schwellung und Rötung. Nach Absetzen des Schröpfgefäßes kann (selten) ein Hämatom übrig bleiben. Es handelt sich um eine Reiz-Reaktionstherapie über die Haut.

Unsere Forschungsgruppe an der Charité fragte sich vor einigen Jahren, ob Schröpfen auch nützlich bei Schmerzen und Funktionsstörungen bei Kniegelenksarthrose sein könnte. Hierbei werden in der normalen medizinischen Versorgung Schmerzmittel, Kortisonspritzen, Physiotherapie oder im fortgeschrittenen Falle auch der operative Gelenkersatz angewendet.

Als Partner für eine Studie konnten wir die Firma Hevatech gewinnen, die als schwäbischer Familienbetrieb moderne Schröpfgeräte herstellt und einen innovativen und flexiblen Schröpfkopf aus elastischem Kunststoff mit Silikonrand herstellt, der das gesamte Knie umfasst (s. Abbildung). Dieser wird über einen Schlauch an eine Pumpe angeschlossen, die pulsierend ein Vakuum über der Haut erzeugt (Pulsatile Schröpftherapie). In unserer randomisierten Studie mit 40 Patienten testeten wir dann die Therapie gegen eine Wartelistenkontrolle: Patienten wurden über 4 Wochen zweimal wöchentlich pulsatil geschröpft (Knie sowie zusätzlich unterer Rückenbereich), die Kontrollpatienten erhielten keine Therapie, beide Gruppen durften jedoch bei Bedarf Paracetamol als Schmerzmittel einnehmen.

Das Resultat war für unser Forschungsgruppe überraschend: Es zeigt sich eine deutliche und statistisch signifikante Schmerzlinderung, eine Funktionsverbesserung und eine Zunahme der körperlichen Lebensqualität bei den behandelten Patienten. Die Effekte schwächten sich nach Ende der Therapie etwas ab, aber auch nach 3 Monaten lag noch ein deutlicher Unterschied zu Gunsten der Therapie vor. Alle Patienten der Kontrollgruppe erhielten nach Ablauf der Studie die Therapie ebenfalls kostenfrei. Eine Limitation der Studie ist, dass nicht gegen eine aktive Therapie, z.B. Physiotherapie, verglichen wurde, so dass hier nicht klar ist, ob Schröpfen auch besser im Vergleich zu anderen Therapieangeboten ist.

Ein klarer Vorteil des Schröpfens ist die Therapiesicherheit, gefährliche Nebenwirkungen treten so gut wie nie auf, eine Schröpfbehandlung dauert nur 10 – 15 Minuten und kann sogar, nach entsprechender Einweisung, auch vom Patienten selbst durchgeführt werden. Mittlerweile gehört die Schröpftherapie bei Kniegelenksarthrose zu meiner Routinetherapie bei Kniegelenksarthrose.

Referenzen:

Publikation der Studie in der Fachzeitschrift BMC Complementary and Alternative Medicine

Charité Hochschulambulanz für Naturheilkunde Mitte (Termine zum Schröpfen)

Herstellerfirma Hevatech (Schröpfgerät + Schröpfköpfe)

Hypnose bei Heuschnupfen

Michael Teut

Die Selbstypnose bietet eine sehr interessante Möglichkeit der medikamentenfreien Selbstbehandlung bei Heuschnupfen. Durch erreichen einer Tiefenentspannung (Trance) und gezielter Suggestion ist es möglich, die Durchblutung der Schleimhäute der Nase zu regulieren und so eine Abschwellung mit Linderung der Symptome zu erreichen. Auch werden Symptome häufig weniger belastend erlebt.

Die Hypnose beruht darauf, dass Sie sich in der Trance aktiv an angenehme und symptomfreie Zustände erinnern, in denen Sie freie Atmung, frische Luft und klare Sicht genießen konnten. Im Zustand der Tiefenentspannung wird ein solcher Moment rückerinnert und genießend in der Phantasie nacherlebt und verstärkt. Das Gehirn erlebt die Fantasie quasi als real und reguliert die Durchblutung der Nasenschleimhäute, die Symptome werden gelindert.

Selbsthypnose können Sie einfach erlernen und anwenden. Je häufiger Sie die Übungen wiederholen, desto wirksamer wird die Therapie. Eine Selbsthypnose für Heuschnupfen dauert etwa 5-10 Minuten.

Um Ihnen das Lernen von Hypnose zu erleichtern, können Sie die folgende schriftlichen Anleitung nutzen:

Die Selbsthypnose wird folgendermaßen durchgeführt:

1. Suchen Sie sich einen ruhigen und bequemen Platz und setzen Sie sich bequem hin.

2. Schließen Sie nun die Augen.

3. Richten Sie Ihr Bewusstsein auf die Füße, nehmen Sie den Kontakt der Fußsohlen zum Boden wahr. Richten Sie dann Ihr Bewusstsein auf den Kontakt Ihrer Beine und Ihres Gesäßes zur Sitzfläche. Wenn Sie Geräusche hören, lassen Sie diese einfach kommen und Gehen, wie Wolken am Himmel, halten Sie nicht fest.

4. Nehmen Sie nun Ihre natürliche Atmung wahr, folgen Sie dem natürlichen Rhythmus Ihrer Atmung. Schon jetzt können Sie beobachten, wie Sie sich zunehmend entspannen.

5. Zählen Sie jetzt langsam von 10 nach 0 herunter, am besten mit jedem Ausatemzug eine Zahl. Dabei merken Sie, wie sie langsam, Stück für Stück, in einen immer tieferen Zustand der Entspannung versinken: 10 – 9 – 8 – 7 – 6 – 5 – 4 – 3 – 2 – 1 – 0.

6. Wenn Sie bei 0 angekommen sind, stellen Sie sich jetzt vor, an einem Ort, in Ihrer Erinnerung oder Fantasie, zu sein, an dem Sie sich vollständig wohlfühlen, an dem Sie eine vollständig freie Atmung, eine freie Nase und klare Sicht genießen können.

7. Genießen Sie nun einige Minuten das Gefühl, mit freier Nase frische Luft zu atmen und genießen Sie den Anblick mit klarer Sicht.

8. Jederzeit können Sie an diesen Ort zurückkehren um freie Atmung und klare Sicht zu genießen. Nehmen Sie diesen angenehmen Zustand und die Erinnerung mit in Ihren Alltag.

9. Zählen Sie nun langsam, mit jedem Atemzug, von 0 bis 10. Werden Sie mit jedem Schritt, Zahl für Zahl, wacher, bis Sie bei 10 wieder frisch und erholt im Hier und Jetzt angekommen sind. 0 – 1 – 2 – 3 – 4 – 5 – 6 – 7 – 8 – 9 – 10.

10. Strecken und recken Sie sich, werden Sie wieder wach. Öffnen Sie die Augen und bewegen Sie sich.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem ebook „Selbsthilfe bei Heuschnupfen“. Das Buch bietet auch eine Hypnose-Audiodatei zum Download und neben Infos zu Schulmedizin, Homöopathie und Pflanzenheilkunde auch einen Abschnitt zur Selbstakupressur. 

Wissenschaftlicher Hintergrund: Langewitz W, Izakovic J, Wyler J, Schindler C, Kiss A, Bircher AJ. Effect of self-hypnosis on hay fever symptoms – a randomised controlled intervention study. Psychother Psychosom. 2005;74(3):165-72.

Möglichkeiten der Naturheilkunde bei Demenzen

Michael Teut

Der demographische Wandel ist in aller Munde.

Es wird befürchtet, dass durch die zunehmende Überalterung der Gesellschaft sich innerhalb der nächsten Jahrzehnte die Anzahl hochbetagter Senioren mit dementiellen Erkrankungen (derzeit 1,2 Millionen Betroffene) in Deutschland verdoppeln wird.

Für die Mehrzahl aller demenziellen Erkrankungen, allen voran die Alzheimer-Demenz, gibt es keine kausalen Therapiemöglichkeiten. Die bisher zugelassenen Medikamente zur Demenzbehandlung haben meist nur kleine Effekte auf Gedächtnis, Orientierungs und Alltagsfähigkeit, die auch nicht allzu lange anhalten. Gibt es hier Möglichkeiten aus der Naturheilkunde?

Eine Rechereche der Forschungsliteratur zeigt interessante Entwicklungen auf:

Derzeit am interessantesten ist der Wirkstoff Huperzin A, der aus der asiatischen Pflanze Huperzia serrata gewonnen wurde. Die Substanz ist eine Acetylcholinesterase-Inhibitor und zeigte in einer  Studie von 2011, die in der Fachzeitschrift Neurology veröffentlicht wurde, nach 11 und 16 Wochen eine Wirksamkeit auf das Gedächtnis bei einer Dosis von 400 mcg im Vergleich mit Placebo.

Ginkgo biloba ist in Deutschland als pflanzenheilkundliches Medikament zugelassen. Hierzu liegen in der Summe widersprüchliche Forschungsergebnisse vor. Es wird jedoch derzeit von den gesetzlichen Krankenkassen bei Patienten mit Demenz erstattet. Die Einnahme hilft offensichtlich aber nicht vorbeugend, wie mehrere Studien (Studie1 / Studie 2) gezeigt haben.

In Kräuterbüchern der Renaissance, z.B. bei Tabernaemontanus, werden immer wieder Pflanzen mit ätherischen Ölen aus der Familie der Lippenblütler zur Gedächtnisstärkung empfohlen. Tatsächlich zeigen einige kleine Pilotstudien eine Wirksamkeit von Melissentinktur und Salbeitinktur auf. Diese Studien wurden jedoch bislang leider nicht unabhängig wiederholt.

Eine Reihe von chinesischen oder japanischen Kräutermixturen zeigte ebenfalls in kleineren Studien Effekte, allerdings sind die Mischungen in Europa nur schwer erhältlich.

Zur Wirksamkeit der Homöopathie bei Demenz wurde bislang nicht geforscht.

Wie sieht es mit nichtmedikamentösen Verfahren aus?

Vorsichtig positiv bewertet wird insgesamt die Musiktherapie, z.B. zur Behandlung von Unruhezuständen. Bewegung und Sport wird häufig von Experten empfohlen, ist aber bislang in Bezug auf die Zielkriterien Gedächtnis, Orientierung und Alltagsfähigkeit nur unzureichend untersucht, gleiches gilt auch für die Massage.

Zur therapeutischen oder vorbeugenden Wirkung von Ernährung gibt es viele Querschnittsuntersuchungen, allerdings nur wenige Studien, die prospektiv und mit geeigneten Kontrollgruppen untersuchen, ob es tatsächlich einen Effekt gibt und wie hoch dieser ist.

Übersichtsliteratur:

  • Perry E et al.: Medicinal plants and dementia therapy: Herbal hopes for brain ageing? CNS Neuroscience & Therapeutics 2011; 17: 683-698
  • Howes MJ et al.: The role of phytochemicals in the treatment of dementia. Drugs Ageing 2011; 28: 439-468
  • Adams M et al.: Plants traditionally used in age related brain disorders – A survey of ethnobotanical literature. J Ethnopharmacol 2007; 113: 363-381
  • Kennedy DO et al.: The psychopharmacology of european herbs with cognition enhancing properties. Current Pharmceutical Design 2006; 12: 4613-4623
  • Olazara J et al.: Nonpharmacological therapies in Alzheimer Disease: a systematic review of efficacy. Dement Geriatr Cogn Disord 2010; 30: 161-178
  • Potter R et al.: A systematic review of the effects of physical activity on physical functioning, quality of life and depression in older people with dementia. Int J Ger Psychiatry 2011; 26: 1000-1011
  • Fratiglioni L et al.: Brain aging: lessons from community studies. Nutrition Reviews 201; 68 (Supll2): 119-127
  • Dementia Cochrane Group: www.dementia.cochrane.org

Barfußlaufen – Besser für die Gelenke?

von Michael Teut

Es gibt im Laufsport einen neuen Trend: Weg von Hightech-Sportschuhen für viel Geld hin zu Barfußlaufen oder der Nutzung sehr einfacher Schuhe mit harter Sohle.

Hintergrund ist die Hypothese, dass durch die modernen Schuhe mit stoß-dämpfenden Sohlen Läufer sich eine ungünstige Lauftechnik aneignen, mit der Knie- und Hüftgelenke besonders belastet werden.

Mein persönlicher Praxistest des Barfußlaufens begann vor 2 Jahren, als ich durch  Joggen eine Patellarsehnenreizung am Kniegelenk entwickelte. Bei der Recherche nach vernünftigen Behandlungsmöglichkeiten stieß ich auf das Barfußlaufen und vertiefte mich in die Literatur hierzu. Der Praxistest folgte und ich joggte tatsächlich eine ganze Saison (von Mai bis Ende September) zunächst ohne Schuhe auf der Laufbahn eines Sportplatzes, dann ab Oktober mit sehr einfachen Sportschuhen mit sehr dünner Sohle weiter im freien Gelände.

Was habe ich dabei erlebt?

  1. Sobald man ohne Schuhe läuft, kann man nicht mehr mit der Ferse als erstes aufkommen, sondern man muss mit dem Vorfuß (Fußballen) zuerst auf dem Boden aufkommen, um die Erschütterungen aufzufangen: Ballengang statt Fersengang. Dadurch gewöhnt man sich einen leicht tänzelnden und angenehmen Laufstil an.
  2. Das Umlernen des Joggens geht mit einer Umstrukturierung der Fuß-, Bein und Rückenmuskulatur einher. Zunächst konnte ich nur  ca. 2-3 km überhaupt barfuß laufen und hatte danach jeweils einige Tage spürbaren Muskelkater, insbesonder in Waden und Gesäß. Nach etwa 2 Monaten hatte sich die Muskulatur an den neuen Laufstil gewöhnt und das Laufen wurde sehr viel einfacher.
  3. Die Fußsohlen haben sich nach einigen Wochen an die Belastungen gewöhnt und wurden abgehärtet. Sofern aber beim Laufen eine Verletzungsgefahr der Füße besteht sollte (Scherben, Dornen etc…) besser Schuhe mit flacher und harter Sohle tragen, auch Sandalen sind denkbar!
  4. Die Patellarsehnenreizung und andere Überlastungserscheinungen der Gelenke und Sehnen sind innerhalb weniger Wochen komplett verschwunden. Bei mir sind auch keine neuen Beschwerden (außer Muskelkater) aufgetreten.

Mittlerweile habe ich das Barfußlaufen immer wieder auch anderen Läufern mit Kniegelenkschmerzen empfohlen (Sehnenreizungen, Meniskusschäden). In den meisten Fällen habe ich positives Feedback erhalten. Ein Freund läuft wieder Halb-Marathon, wegen Meniskusschäden musste er zuvor sein Training über Monate unterbrechen.

Was ist das Fazit aus diesem Experiment? Barfußlaufen führt zu einem Umlernprozess, es wird ein komplett anderer Laufstil erlernt, der möglicherweise gesünder für den Bewegungsapparat ist.

Auch evolutionär wäre diese Hypothese theoretisch plausibel, da sich unser Bewegungspparat in der menschlichen Entwicklungsgeschichte beim Barfußlaufen (und nicht mit Hightech-Laufschuhen) ausgebildet hat und Laufen-/Rennen eine wichtige Bewegungsform für die Jagd war.

Diese Erfahrung wird mittlerweile auch durch Forschungsliteratur gestützt: In einer aktuellen Übersichts-Studie  berichten die Forscher Altman und Davis von der University of Delaware und Harvard Medical School, dass unter Läufern, die mit dem Vorfuß auftreten, im Vergleich zu Fersenläufern Verletzungen um den Faktor 2.5 weniger häufig vorkommen. Auch im mechanischen Modell ergibt das Barfußlaufen ein günstigeres Belastungsprofil der Gelenke. Allerdings belastet Barfußlaufen dafür mehr die Fußsohlen, die Achillesfersen und die Wadenmuskulatur. Es ist wissenschaftlich noch unklar, inwieweit dies auch mit Verletzungsrisiken einhergehen kann. Daher ist essentiell wichtig, das Barfußlaufen ganz langsam anzugehen und über Monate die Muskulatur neu zu trainieren. Insgesamt mangelt es aber bislang noch an großen und aussagefähigen klinischen Studien, die den Nutzen des Barfußlaufens in der Prävention und Therapie von Läufer-Krankheiten belegen oder widerlegen könnten

Mittlerweile hat auch die Sportschuh-industrie reagiert und bietet zunehmend „Barfußschuhe“ an. Dabei ist aus meinsr Sicht zu beachten, dass nicht die Schuhe den Effekt ausmachen, sondern der Laufstil. Barfußlaufen eignet sich vor allem zum Umlernen vom Fersenschritt zum Vorfußschritt. Den kann man natürlich dann auch mit jedem Sportschuh ausüben. Es ist noch nicht geklärt, ob die Barfußschuhe einen gesundheitlichen Nutzen über das Umlernen der Gehtechnik hinaus aufweisen.

Ich nutze mittlerweile ganz leichte Turnschuhe mit flacher, beweglicher und ungedämpfter Sohle, die eigentlich für den Kampfsport entwickelt wurden und mich im Ausverkauf nur 45 Euro gekostet haben. Damit laufe ich besser und zufriedener als je zuvor!

Literaturtipp:

Christopher McDougall: Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt.

 Dies ist ein sehr inspirierendes Buch über die Entdeckung des Barfußlaufens bei den Tarahumara in Mexiko durch einen Läufer und Journalisten. Mit viel Hintergrundwissen und sehr spannend geschrieben.

Zur Lage der Komplementärmedizin in Deutschland

In diesem lesenswerten Beitrag beschreibt Dr. Henning Albrecht, Geschäftsführer der Karl und Veronica Carstens-Stiftung, die Entwicklung der Komplementärmedizin in Deutschland und zeigt auf, dass die Hauptprobleme seit Jahrzehnten in fehlender politischer Anerkennung, fehlender öffentlicher Förderung der Wissenschaft  und fehlender politischer Einheit der Akteure liegt. Zugleich wird heute auf hohem wissenschaftlichen Niveau geforscht.

Zum Artikel

Akupunktur spezifisch wirksam bei allergischer Rhinitis

Prof. Benno Brinkhaus und Kollegen von der Charité berichten in einer hochrangig publizierten Studie in der Fachzeitschrift Annals of Internal Medicine, dass Akupunktur bei Allergischer Rhinitis wirksam ist. In der dreiarmigen randomisierten Studie wurden insgesamt 422 Patienten eingeschlossen.

Verglichen wurden die Effekte von Akupunktur + Notfallmedikation gegen Scheinakupunktur + Notfallmedikation gegen Notfallmedikation alleine.

Akupunktur war in Bezug auf die Lebensqualität und den Verbrauch von Notfallmedikamenten der Scheinakupunktur und Notfallmedikation-Alleine-Gruppe alleine nach 8 Wochen statistisch signifikant überlegen, allerdings wird diskutiert, inwieweit der Effekt klinisch relevant war.

Die Studie ist auch insoweit spannend, als es die erste von der DFG geförderte komplementärmedizinische Studie in Deutschland ist.

Zur Publikation

Benno Brinkhaus, Miriam Ortiz, Claudia M. Witt, Stephanie Roll, Klaus Linde, Florian Pfab, Bodo Niggemann, Josef Hummelsberger, András Treszl, Johannes Ring, Torsten Zuberbier, Karl Wegscheider, Stefan N. Willich; Acupuncture in Patients With Seasonal Allergic RhinitisA Randomized Trial. Annals of Internal Medicine. 2013 Feb;158(4):225-234.

Das grüne Dreieck: Die gesundheitlichen Vorteile des einfachen Lebens.

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Ernest Callenbach (1929-2012)

Im Jahr 1975 veröffentlichte der im Jahr 2012 verstorbene Ökopionier und Gesellschaftsutopist Ernest Callenbach seinen Roman „Ecotopia“ (dt. „Ökotopia“) (1), in dem er die Entstehung einer ökologischen und sozialverträglichen Gesellschaft im Westen der USA als utopische Vision schildert. Der Roman hatte einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der grünen Bewegung Ende der 1970er Jahre und beeinflusst die Ökologie bis heute. Von zentraler Bedeutung ist die Reflexion über die eigene Lebensweise und wie diese sich auf Gemeinschaft und Umwelt auswirkt, dabei ist eine Kernforderung, von der „Habens-Kultur“ des Materialismus zu einer „Seins-Kultur“ (des Postmaterialismus) überzugehen.

In dem Roman führt er das Konzept des „Green Triangle“ (dt. „Grünes Dreieck“) ein. Callenbach war aufgefallen, dass es eine enge Beziehung und Abhängigkeit zwischen den Bereichen Gesundheit, Geld und Umwelt gibt. Werden in einem Bereich Änderungen vorgenommen, so wirken sich diese durch Netzwerkbeziehungen direkt oder indirekt auch maßgeblich auf die anderen Bereiche aus. In einem Aufsatz beschreibt er diese Interdependenzen folgendermaßen: „Anytime you do something beneficial for one of them, you will almost inevitably also do something beneficial for the other two – whether you’re hoping to or not“(1). Callenbach weist mit dieser Regel auf die enge Verflochtenheit von Lebensstil mit Gesellschaft und Umwelt hin.

Anhand von einigen Beispielen wird dies rasch einsichtig:

Beispiel 1: Frau B. kauft ein Auto

Frau B. hat nach längerer Berufsausbildung endlich einen gutbezahlten Beruf gefunden und investiert das Gehalt in einen Kleinwagen, um mobiler zu sein. Anstatt zur Arbeit mit dem Fahrrad zu fahren, fährt sie nun mit dem Auto. Direkte Folge: 1/6 ihres Netto-Jahres-Einkommens, 4000 Euro, fließen nun in Auto, Kraftstoff und Mobilität, das entspricht etwa 320 Stunden Arbeit (2 Monate) im Jahr: Von jedem Euro, den sie netto verdient, fließen knapp 17 Cent in ihre Mobilität. Das Auto ermöglicht ihr in Folge den Umzug in einen ruhigen und naturnahen Vorort, die Fahrzeit beträgt allerdings nun je Wegstrecke 45 min, das bedeutet, dass sie weitere 350 Stunden im Jahr in ihrem Auto sitzt. Insgesamt sind dies nun bereits 670 Stunden oder 83 Arbeitstage im Jahr. Der Benzinverbrauch beträgt täglich 7 Liter (=1785 l/Jahr). Wegen der hohen Arbeitsbelastung mit voller Stelle und Überstunden sowie  dem langen Fahrtweg schafft sie nur noch selten Sport, das Fitness-Studio-Abonnement nutzt sie leider nur selten (Kosten: 600 Euro/Jahr). 5 Jahre später hat sie 10 kg Gewicht zugelegt, ist übergewichtig, häufig müde und hat einen grenzwertig erhöhten Blutdruck entwickelt. Der Hausarzt rät ihr zu Diät und Sport und verschreibt ein innovatives Blutdruck-Medikament (400 Euro/Jahr, sie ist privat versichert). Sie möchte nun wieder regelmäßig ins Fitness-Studio und schreibt sich auch für ein Diätprogramm ein (600 Euro). Leider gibt das Bankkonto wegen eines geplanten Malediven-Luxusurlaubs die Kosten für das Diätprogramm nicht mehr her.

Beispiel 2: Frau B wird Yogalehrerin

Frau B möchte ihr neues Einkommen in die Professionalisierung ihres Hobby investieren und schreibt sich für eine mehrwöchige Yogalehrerin-Ausbidlung ein (Kosten 3000 Euro). Aus Kostengründen verzichtet sie auf ein Auto und nutzt weiterhin ihr Fahrrad und den Nahverkehr. Sie wohnt nah an ihrer Arbeitsstätte und bewältigt den Weg jeden Tag in 30 min. mit dem Fahrrad. Die Yoga-Ausbildung macht ihr große Freude und sie fühlt sich topfit. Jeden Tag übt sie 30 min Yoga, so dass sie täglich mit Fahrrad und Gehen auf 60-90 min Bewegung kommt. Sie interessiert sich durch den Yogakurs für ayurvedische Ernährung und beginnt, vegetarisch zu kochen. Im Anschluss an ihre Ausbildung bekommt sie das Angebot, 2 x wöchentlich abends 90 min Yoga in einem Fitness-Studio zu unterrichten (Zusatzeinkommen 400 Euro/Monat). Das macht ihr soviel Freude, dass sie ihre Arbeitsstelle auf eine 4-Tage-Woche reduziert und sich noch mehr dem Yoga widmen kann. Die vegetarische Ernährung ist viel günstiger und setzt wesentlich weniger CO2 frei, als Mischkost mit Fleisch. Umziehen ist unpraktisch, da sie sonst zu weit weg von ihren Arbeitsstellen wohnt. Nach 10 Jahren hat sie ein sattes Plus auf ihrem Bank-Konto, ist gesundheitlich topfit und überlegt, sich mit Yoga selbstständig zu machen.

Diese beiden Beispiele zeigen, wie zunächst einfach erscheinenden einfachen Lebensentscheidungen (Autokauf versus Yogalehrer-Ausbildung) komplexe Änderungen unseres Lebensstils nach sich ziehen.

Callenbach betont, dass günstige Veränderung an wenigen Schlüsselstellen im Grünen Dreieck tiefgreifende positive gesundheitliche und ökologische Änderungen bewirken können.

Diese sind z.B.:

  • Reduktion technischer Hilfsmittel (z.B. Autos, Flugzeuge, TV, Unterhaltungsmedien)
  • Gehen, Radfahren oder andere muskelbetriebene Fortbewegungsmaßnahmen und Sport
  • Vereinfachung von Lebensverhältnissen (kleinere Wohnung, weniger Möbel und Geräte, arbeitsnahe Lage)
  • Vegetarische Ernährung
  • Kauf von Produkten aus der Umgebung
  • Selbermachen (Kompetenz, Bildung) statt Kaufen
  • Anlage eines Gartens, z.B. mit Anbau eigenen Gemüses
  • Pflege von Freundschaften und gemeinschaftlichen Aktivitäten statt elektronischer Konsum
  • Reduktion von Fernreisen

Unsere Konsum-Kultur bietet uns massenweise elektronische Hilfsmittel für die Alltagsbewältigung an. Sie können natürlich sehr nützlich sein, aber in sehr vielen Fällen führen sie auch dazu, dass wir Kenntnisse und Fähigkeiten verlieren, uns weniger körperlich bewegen und wichtige Ressourcen (z.B. Öl, Metalle, Wasser, seltene Erden) aufbrauchen. Außerdem kosten Finanzierung, Lagerung und Betreuung technischer Hilfsmittel (meist unbemerkt) wertvolle Zeit.

In Bezug auf die Vorbeugung oder Behandlung von Krankheiten denken wir häufig nicht langfristig und nachhaltig genug. Viele Menschen bevorzugen im Krankheitsfall eine schnelle Lösung, z.B. durch Schmerzmittel, Kortison, Operationen und andere Therapien. Diese helfen häufig auch rasch und gut. Der Gesundheitszustand eines Gesunden oder Kranken nach 10, 20 oder noch mehr Jahren ist aber viel mehr abhängig vom dauerhaften Lebensstil. Am deutlichsten wird dies bei der Frage der Gesundheit im Alter: Hier zahlt sich der gesunde Lebensstil (z.B. Alltagsbewegung, Ernährung, Stress, Freundschaften) über mehrere Jahrzehnte aus. Bei vielen Entscheidungen im Leben lohnt es sich also, genau über die Konsequenzen im grünen Dreieck „Gesundheit – Umwelt – Kosten“ nachzudenken und eine langfristige Strategie statt schnellen Entscheidungen anzustreben. Dabei ist die beste Lösung häufig die einfache, die sich innerhalb der Alltagsroutine täglich umsetzen lässt, weniger gut sind grundsätzlich Maßnahmen, die zusätzlich durchgeführt werden.

Referenzen:

(1) http://ernestcallenbach.com/