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Mit Haferflocken erhöhte Cholesterinwerte senken

PD Dr. med. Michael Teut

Haferflocken: Senken Blutfette, verbessern den Blutzucker, helfen beim gesunden Altern – Ein Alleskönner! (Quelle: Michael Teut)

Haferflocken (Avena sativa L.) sind ein wenig bekanntes, aber wirksames Naturheilmittel zur Therapie von erhöhten Blutfetten, bei Altersdiabetes und bei Leberverfettung. Eine Hafer-Therapie eignet sich auch zur Gewichtsreduktion und kann zum gesunden Altern beitragen, indem sie z.B. die Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken.

Haferflocken sind ein echtes „Superfood“: Sie enthalten unter anderem Betaglucane (Fettsenkung, Insulinregulation), Saponine, Flavon-Glykoside und Polyphenole (Immunregulation und antientzündliche Wirkung), zudem auch Lignine und Phytoöstrogene (hormonelle Regulation, z.B. bei Wechseljahresbeschwerden), sie haben einen hohen und hochwertigen Eiweißgehalt (9-17 %) und enthalten ungesättigte Fettsäuren (5-12 %). Die enthaltenen Ballaststoffe (13-30 %) sind gut für das Darmmikrobiom, schützen vor Darmkrebs und sorgen mit dafür, dass Kohlenhydrate im Darm nur langsam freigesetzt werden.

Besonders der hohe Anteil an Betaglucanen ist relevant. Dabei handelt es sich um Polysacharide, die in den Zellwänden von Pilzen, Flechten und Pflanzen vorkommen. Sie wirken sich positiv auf die Blutzuckerregulation aus, senken auch den Blutdruck und haben krebshemmende Effekte im Darm. Interessant sind die cholesterinsenkenden Effekte. In einer neueren Metaanalyse (Zusammenführung der vorhandenen Studien und gemeinsame Berechnung der Effekte, insgesamt 13 Studien mit 927 Teilnehmer*Innen) senkten Betaglucane aus dem Hafer den Cholesterinspiegel und den LDL-Cholesterinspiegel, während der Effekt auf Triglyceride und HDL-Cholesterin nicht sicher eindeutig war (Yu et al. 2022). In einigen Studien zeigt sich aber auch ein klarer Effekt bei Triglyceriden.

In der Naturheilkunde werden schon lange sogenannte „Hafertage“ empfohlen. Diese gehen auf ein Konzept zurück, das schon vor langer Zeit in der Therapie des Altersdiabetes entdeckt wurde. Ein bis zwei Tage je Woche 3 x täglich 70-80 Gramm Haferflocken, gekocht mit jeweils 500 Gramm Wasser oder Brühe und verfeinert mit Gewürzen (Zimt, Salz, Curcuma, Kräuter) kalorienarmem Obst (z.B. Blaubeeren) oder Gemüse (z.B. Gurke, Zuchini, Brokkoli), senken den Blutzuckerspiegel, erhöhen die Ansprechbarkeit für Diabetesmedikamente (Dosisreduktion mit dem Arzt!) und senken die Cholesterinwerte. Als Hafer-Fasten helfen sie, wöchentlich angewendet, auch bei der Gewichtsreduktion und können auch sehr gut zum gesunden Altern (Antiaging) empfohlen werden (zur kalorischen Restriktion als Strategie zum gesunden Altern finden Sie mehr Infos in meinem Buch „Nie zu alt, sich jung zu fühlen. 33 Strategien für gesundes Altern„). 3 x 80 Gramm Haferflocken enthalten knapp 600 kcal, 80 Gramm Hafer sind etwa in einer zu 3/4 gefüllten Tasse enthalten (am besten mit der Küchenwaage abwiegen).

Eine Haferkur integriert Haferflocken regulär in die tägliche Ernährung. Das macht sehr viel Sinn. In Kombination mit veganer Ernährung lassen sich die fett- und blutzuckersenkenden Effekte in meiner Erfahrung nochmal deutlich steigern. Bei langfristiger veganer Ernährung sollte jedoch Vitamin B12 und jodiertes Speisesalz ergänzt werden, Eisen- und Vitamin D-Spiegel sollten jährlich überprüft werden.

Von dem verstorbenen Schweizer Homöopathen Adolf Voegeli habe ich den Ratschlag übernommen, dass geschwächte und infektanfällige Kinder regelmäßig von Haferflocken profitieren. Dies hat sich über die Jahre auch sehr bei Erwachsenen bewährt!

Viel Freude mit den Haferflocken!

Literatur:

  • Kim IS, Hwang CW, Yang WS, Kim CH. Multiple Antioxidative and Bioactive Molecules of Oats (Avena sativa L.) in Human Health. Antioxidants (Basel). 2021 Sep 13;10(9):1454. doi: 10.3390/antiox10091454. Link
  • Ju Y, Zhang C, Zhang Z, Zhu H, Liu Y, Liu T, Ojo O, Qiu J, Wang X. Effect of Dietary Fiber (Oat Bran) Supplement in Heart Rate Lowering in Patients with Hypertension: A Randomized DASH-Diet-Controlled Clinical Trial. Nutrients. 2022 Jul 30;14(15):3148. doi: 10.3390/nu14153148. Link
  • Yu J, Xia J, Yang C, Pan D, Xu D, Sun G, Xia H. Effects of Oat Beta-Glucan Intake on Lipid Profiles in Hypercholesterolemic Adults: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. Nutrients. 2022 May 13;14(10):2043. doi: 10.3390/nu14102043.  Link
  • Teut M: Nie zu alt, sich jung zu fühlen. 33 Strategien für gesundes Altern. Scorpio Verlag, München 2021, Link

Das grüne Dreieck: Die gesundheitlichen Vorteile des einfachen Lebens.

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Ernest Callenbach (1929-2012)

Im Jahr 1975 veröffentlichte der im Jahr 2012 verstorbene Ökopionier und Gesellschaftsutopist Ernest Callenbach seinen Roman „Ecotopia“ (dt. „Ökotopia“) (1), in dem er die Entstehung einer ökologischen und sozialverträglichen Gesellschaft im Westen der USA als utopische Vision schildert. Der Roman hatte einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der grünen Bewegung Ende der 1970er Jahre und beeinflusst die Ökologie bis heute. Von zentraler Bedeutung ist die Reflexion über die eigene Lebensweise und wie diese sich auf Gemeinschaft und Umwelt auswirkt, dabei ist eine Kernforderung, von der „Habens-Kultur“ des Materialismus zu einer „Seins-Kultur“ (des Postmaterialismus) überzugehen.

In dem Roman führt er das Konzept des „Green Triangle“ (dt. „Grünes Dreieck“) ein. Callenbach war aufgefallen, dass es eine enge Beziehung und Abhängigkeit zwischen den Bereichen Gesundheit, Geld und Umwelt gibt. Werden in einem Bereich Änderungen vorgenommen, so wirken sich diese durch Netzwerkbeziehungen direkt oder indirekt auch maßgeblich auf die anderen Bereiche aus. In einem Aufsatz beschreibt er diese Interdependenzen folgendermaßen: „Anytime you do something beneficial for one of them, you will almost inevitably also do something beneficial for the other two – whether you’re hoping to or not“(1). Callenbach weist mit dieser Regel auf die enge Verflochtenheit von Lebensstil mit Gesellschaft und Umwelt hin.

Anhand von einigen Beispielen wird dies rasch einsichtig:

Beispiel 1: Frau B. kauft ein Auto

Frau B. hat nach längerer Berufsausbildung endlich einen gutbezahlten Beruf gefunden und investiert das Gehalt in einen Kleinwagen, um mobiler zu sein. Anstatt zur Arbeit mit dem Fahrrad zu fahren, fährt sie nun mit dem Auto. Direkte Folge: 1/6 ihres Netto-Jahres-Einkommens, 4000 Euro, fließen nun in Auto, Kraftstoff und Mobilität, das entspricht etwa 320 Stunden Arbeit (2 Monate) im Jahr: Von jedem Euro, den sie netto verdient, fließen knapp 17 Cent in ihre Mobilität. Das Auto ermöglicht ihr in Folge den Umzug in einen ruhigen und naturnahen Vorort, die Fahrzeit beträgt allerdings nun je Wegstrecke 45 min, das bedeutet, dass sie weitere 350 Stunden im Jahr in ihrem Auto sitzt. Insgesamt sind dies nun bereits 670 Stunden oder 83 Arbeitstage im Jahr. Der Benzinverbrauch beträgt täglich 7 Liter (=1785 l/Jahr). Wegen der hohen Arbeitsbelastung mit voller Stelle und Überstunden sowie  dem langen Fahrtweg schafft sie nur noch selten Sport, das Fitness-Studio-Abonnement nutzt sie leider nur selten (Kosten: 600 Euro/Jahr). 5 Jahre später hat sie 10 kg Gewicht zugelegt, ist übergewichtig, häufig müde und hat einen grenzwertig erhöhten Blutdruck entwickelt. Der Hausarzt rät ihr zu Diät und Sport und verschreibt ein innovatives Blutdruck-Medikament (400 Euro/Jahr, sie ist privat versichert). Sie möchte nun wieder regelmäßig ins Fitness-Studio und schreibt sich auch für ein Diätprogramm ein (600 Euro). Leider gibt das Bankkonto wegen eines geplanten Malediven-Luxusurlaubs die Kosten für das Diätprogramm nicht mehr her.

Beispiel 2: Frau B wird Yogalehrerin

Frau B möchte ihr neues Einkommen in die Professionalisierung ihres Hobby investieren und schreibt sich für eine mehrwöchige Yogalehrerin-Ausbidlung ein (Kosten 3000 Euro). Aus Kostengründen verzichtet sie auf ein Auto und nutzt weiterhin ihr Fahrrad und den Nahverkehr. Sie wohnt nah an ihrer Arbeitsstätte und bewältigt den Weg jeden Tag in 30 min. mit dem Fahrrad. Die Yoga-Ausbildung macht ihr große Freude und sie fühlt sich topfit. Jeden Tag übt sie 30 min Yoga, so dass sie täglich mit Fahrrad und Gehen auf 60-90 min Bewegung kommt. Sie interessiert sich durch den Yogakurs für ayurvedische Ernährung und beginnt, vegetarisch zu kochen. Im Anschluss an ihre Ausbildung bekommt sie das Angebot, 2 x wöchentlich abends 90 min Yoga in einem Fitness-Studio zu unterrichten (Zusatzeinkommen 400 Euro/Monat). Das macht ihr soviel Freude, dass sie ihre Arbeitsstelle auf eine 4-Tage-Woche reduziert und sich noch mehr dem Yoga widmen kann. Die vegetarische Ernährung ist viel günstiger und setzt wesentlich weniger CO2 frei, als Mischkost mit Fleisch. Umziehen ist unpraktisch, da sie sonst zu weit weg von ihren Arbeitsstellen wohnt. Nach 10 Jahren hat sie ein sattes Plus auf ihrem Bank-Konto, ist gesundheitlich topfit und überlegt, sich mit Yoga selbstständig zu machen.

Diese beiden Beispiele zeigen, wie zunächst einfach erscheinenden einfachen Lebensentscheidungen (Autokauf versus Yogalehrer-Ausbildung) komplexe Änderungen unseres Lebensstils nach sich ziehen.

Callenbach betont, dass günstige Veränderung an wenigen Schlüsselstellen im Grünen Dreieck tiefgreifende positive gesundheitliche und ökologische Änderungen bewirken können.

Diese sind z.B.:

  • Reduktion technischer Hilfsmittel (z.B. Autos, Flugzeuge, TV, Unterhaltungsmedien)
  • Gehen, Radfahren oder andere muskelbetriebene Fortbewegungsmaßnahmen und Sport
  • Vereinfachung von Lebensverhältnissen (kleinere Wohnung, weniger Möbel und Geräte, arbeitsnahe Lage)
  • Vegetarische Ernährung
  • Kauf von Produkten aus der Umgebung
  • Selbermachen (Kompetenz, Bildung) statt Kaufen
  • Anlage eines Gartens, z.B. mit Anbau eigenen Gemüses
  • Pflege von Freundschaften und gemeinschaftlichen Aktivitäten statt elektronischer Konsum
  • Reduktion von Fernreisen

Unsere Konsum-Kultur bietet uns massenweise elektronische Hilfsmittel für die Alltagsbewältigung an. Sie können natürlich sehr nützlich sein, aber in sehr vielen Fällen führen sie auch dazu, dass wir Kenntnisse und Fähigkeiten verlieren, uns weniger körperlich bewegen und wichtige Ressourcen (z.B. Öl, Metalle, Wasser, seltene Erden) aufbrauchen. Außerdem kosten Finanzierung, Lagerung und Betreuung technischer Hilfsmittel (meist unbemerkt) wertvolle Zeit.

In Bezug auf die Vorbeugung oder Behandlung von Krankheiten denken wir häufig nicht langfristig und nachhaltig genug. Viele Menschen bevorzugen im Krankheitsfall eine schnelle Lösung, z.B. durch Schmerzmittel, Kortison, Operationen und andere Therapien. Diese helfen häufig auch rasch und gut. Der Gesundheitszustand eines Gesunden oder Kranken nach 10, 20 oder noch mehr Jahren ist aber viel mehr abhängig vom dauerhaften Lebensstil. Am deutlichsten wird dies bei der Frage der Gesundheit im Alter: Hier zahlt sich der gesunde Lebensstil (z.B. Alltagsbewegung, Ernährung, Stress, Freundschaften) über mehrere Jahrzehnte aus. Bei vielen Entscheidungen im Leben lohnt es sich also, genau über die Konsequenzen im grünen Dreieck „Gesundheit – Umwelt – Kosten“ nachzudenken und eine langfristige Strategie statt schnellen Entscheidungen anzustreben. Dabei ist die beste Lösung häufig die einfache, die sich innerhalb der Alltagsroutine täglich umsetzen lässt, weniger gut sind grundsätzlich Maßnahmen, die zusätzlich durchgeführt werden.

Referenzen:

(1) http://ernestcallenbach.com/